Seit wir Männer uns 1992 beruflich kennen gelernt haben, trafen wir uns zusammen mit unseren Frauen, und ganz früher auch mit Nastja, fast jährlich zu gemeinsamen Unternehmungen in Slovenien, Deutschland, Frankreich, Schweiz, Spanien. In dieser Zeit ist eine wunderbare Freundschaft entstanden, die für Christiane und mich zunehmend sehr bedeutsam wurde, und die unser Leben nachhaltig geprägt hat.
Inzwischen dürfen wir uns als Teil der über ganz Slovenien verteilten Familie und als Freunde unserer Freunde fühlen. Gleichzeitig sind "die Slovenen" Teil unserer Familie geworden.
Zum ersten Mal habe ich unsere langjährigen Freunde in Slovenien allein besucht. Was (Gast-)Freundschaft in Slovenien bedeutet, haben wir in den 30 Jahren im Überfluss erfahren dürfen. Sieben Tage durfte ich bei meiner Reise Gast sein. Auch eine Woche danach bin ich noch erfüllt von eindrucksvollen Erinnerungen. Das war Balsam für meine Seele.
Ich wusste, dass Christiane bei unseren Freunden beliebt war. Das Maß an Wertschätzung für sie, das ich jetzt spüren durfte, hat mich fast erschlagen.
Hvala, dragi prijatelji.
Ich wohnte auf dem schönsten Campingplatz, den ich kenne.
Aus gesundheitlichen Gründen waren uns die großen Unternehmungen früherer Jahre verwehrt. Die Kraft reichte aber noch gut dafür aus, kreuz und quer durch dieses wunderbare Land zu fahren, um Verwandte und Freunde zu besuchen.
Viele kennen Slovenien nur von der Fahrt in den Urlaub am Meer in Kroatien, und sind erstaunt, wenn man ihnen erzählt, wie vielfältig, und vor allem wie schön das kleine Land mit seinen ca. 2 Millionen Einwohnern ist.
Von Ljublana, dieser wunderbaren Hauptstadt aus, sieht man die Julischen Alpen und die Karawanken (den Karawankentunnel kennen die "Durchfahrer" natürlich), die das Land nach Norden und Nordwesten zu Italien und Österreich begrenzen. Wir haben gemeinsam Bergtouren in diesen beiden Gebirgen unternommen, die uns zu unseren schönsten Bergerlebnissen führten. Vor allem Christl war unglaublich stolz darauf, auf dem Gipfel des Wahrzeichens von Slovenien, dem Triglav gewesen zu sein.
Nur ca. 80 km südlich von Ljubljana findet man eine sehr schöne Juralandschaft vor, und die Gegend um Lasko lässt sich leicht mit dem Schwarzwald vergleichen.
In der Nähe von Dobec sind eindrucksvolle, weltbekannte Höhlen. Viele Begriffe, die im Zusammenhang mit der Höhlenforschung verwendet werden, entstammen der slovenischen Sprache. Zum Beispiel der Begriff "Doline".
Die Gegend um Majsperk herum wird in Slovenien "Steiermark" genannt. Zu Zeiten des Kaiserreichs Österreich-Ungarn war das auch die "Südsteiermark". Erst seit 1918 gehört sie zu Slovenien.
Sowohl im Norden als auch im Osten der Steiermark und in dem an Kroatien angrenzenden Gebiet finden wir ein landschaftlich schönes Weinland, das hervorragende Weißweine hervor bringt. Leider findet man die nicht so häufig bei uns. Ich habe den Verdacht, dass die Slovenen ihren Wein am liebsten selbst trinken.
Landschaftliche Bilder kann ich von diesem Teil der Reise nicht im gewohnten Umfang liefern. Schließlich war das jeweilige Ziel ein Besuch von Verwandten und Freunden. Was ich bieten kann, ist ein Einblick in die köstlichen Speisen, mit denen ich verwöhnt wurde. In der Regel ist der Tisch bereits gedeckt, wenn man eintrifft. Ein Aperitiv ist selbstverständlich. Die Tageszeit ist dabei nicht bedeutsam.
Slauko, im Jura, ist begeisterter "Griller" und "Wurstmacher". Hier kann man das Ergebnis seiner Kunst bewundern. Die Wurst ist von ihm, die Kekse hat seine Frau Dragica selbst gemacht. Dazu gehört natürlich ein Glas Wein, und einer der zahlreichen selbst gemachten Schnäpse. Natürlich entstammen Gemüse und Kartoffeln dem eigenen Garten. Davon erzähle ich später mehr.
Manche Ess- und Trinkgewohnheiten sind für uns zunächst etwas fremd. Aber das ändert sich nach meinen Erfahrungen schlagartig.
Ein Beispiel dafür ist "Zahnpasta"
Bei unserer ersten gemeinsamen Hochgebirgstour 1994 übernachteten wir in der Prehodovci-Hütte. (Das Bild habe ich im Internet gefunden)
Auf der Hütte gab es damals keinen Strom, zum Waschen musste man, sofern man das wollte, zu einem kleinen Schmelzsee absteigen. Nachschub für die Hütte kam mit einer Maulesel-Karawane. Das hatte zur Folge, dass Mineralwasser ähnlich viel kostete, wie Bier, Wein und Schnaps. Die Hütte war voll von äußerst disziplinierten Bergsteigern. Wir waren rechtzeitig dort, und bekamen exklusive Schlafplätze in der Gaststube auf den Tischen des Gastraums, die vor der Theke zusammen geschoben wurden. Im ganzen Gastraum, auch unter unseren "Betten" lagen Wanderer und schliefen nach den vorausgegangenen Anstrengungen gut.
Am Morgen, gegen 05.00 Uhr, ich hatte mich gerade durch die teilweise noch schlafenden Mitwanderer hindurch Richtung Toilette bewegt, stand mein Freund am Eingang, eine Schnapsflasche in der Hand. Er fragte mich mit tiefer, verschlafener Stimme: "Wolgang, wills Du Zahnpasta?" Ich lehnte empört ab. Schnaps, morgens um 05.00 Uhr? Nie und nimmer! Das "Nie und nimmer" endete bei der nächsten Tour.
Der Schnaps war ein mit Früchten aufgesetzter Korn.
Sein Namen ist heute noch sowohl bei uns in Deutschland, als auch bei unseren Freunden in Slovenien: Zahnpasta
Ich habe nie mehr diese Zahnpasta abgelehnt. Nicht beim Frühstück zur Pilzsuppe, nicht nach üppigem Mittagessen, nicht aus jedem anderen Anlass.
Allerdings: In der Regel bleibt es ein Schnaps am Tag - Za zdravje - für die Gesundheit.
Dasselbe gilt für das Frühstück, zum Beispiel wahlweise als Pilzsuppe oder Eier mit Speck und Pilzen. Pilze suchen ist ein Volkssport in Slovenien. Unsere beiden Freunde sind passionierte Pilzsucher. Sie kennen in ihrer näheren und weiteren Umgebung die besten Pilzplätze und wissen genau, welche Pilze wann und wo zu finden sind. Wir profitieren seit Jahren davon. Es ist üblich, dass beim Abschied Geschenke mitgegeben werden, die meistens dem eigenen Garten oder dem Vorratskeller entstammen. Pilze sind immer dabei. In Gläsern, oder getrocknet.
Nastja wohnt inzwischen in einem wunderschönen kleinen Häuschen, nicht weit von den Eltern entfernt. Sie liebt Tiere über alles. Zwei Pferde dürfen bei ihr ihr Gnadenbrot essen, 2 Hunde und zahlreiche Katzen gehören zu ihr.
Ein eigenes Haus mit Garten ist, vermute ich, der Wunsch aller Slovenen. Die Häuser werden mit zum Teil enormem Fleiß und mit großen Entbehrungen, über viele Jahre nach und nach gebaut. Es ist eine Freude die gepflegten Häuser auch in den kleinsten Orten zu sehen. Reicht das Geld (noch) nicht für einen Verputz, sind mindestens die Fensterbänke mit Geranien geschmückt.
Kommt man zu Besuch, gilt der erste Teil des Besuchs dem Gemüsegarten. Stolz wird das Ergebnis fleißigen Gartenbaus präsentiert
Bei Boja und Zladko kann man einen unglaublich schön angelegten Garten bewundern.
Und natürlich gab es auch dort ein feines Essen.
Vor Jahren besuchten wir Boja und Zladko erstmals. Es war unglaublich: Wir waren keine 5 Minuten bei den Beiden und fühlten uns, als würden wir uns schon unser ganzes Leben lang kennen. Diese Nähe hält bis heute an.
Am Abend unseres ersten Besuchs saßen wir im Garten beisammen. Zu vorgerückter Stunde begannen unsere Gastgeber zu singen. Wunderschöne, ein wenig wehmütig klingende Volkslieder. Sie sangen die Lieder mit sehr vielen Versen, die sie alle auswendig singen konnten. Später heim kehrende Nachbarn kamen, durch den Gesang angelockt, dazu, tranken ein Glas Wein, und sangen mit. Darunter war zu meiner großen Freude auch ein ca. 14 Jahre alter Junge, der alle Lieder und alle Verse kannte und fleißig mit sang. Was für ein schönes Erlebnis.
Auf der Heimfahrt, am für das Land sehr wichtigen Fluß Drava entlang, bei uns vielleicht besser bekannt als Drau, erhöhte ich mein Geocaching-Erfolgs-Konto ein wenig an zwei interessanten Brücken. Meine "Erfolgsquote" betrug 50 %.
Jelka und Andre bewohnen ein wunderschönes Haus am Waldrand. Auch hier wurde ich mit aller Herzlichkeit empfangen. Andre war in der Nacht zuvor nach 8-stündiger Busfahrt aus Stuttgart zurück gekehrt. Er ist leidenschaftlicher Anhänger der slowenischen Fußball-Nationalmannschaft, die in Stuttgart sehr unglücklich in der letzten Minute ihren Sieg gegen Serbien verschenkt hat.
Ich lerne, dass palačinke wie Pfannkuchen aussieht, und auch so schmeckt. Besonders köstlich übrigens, wie in diesem Fall, mit einer Fleischsoße als Füllung, und Linsengemüse. Zum Nachtisch gab es "Strudla", einen Apfelstrudel. Der war hervorragend.
Auf der Heimfahrt besuchten wir zu meiner Freude noch die ziemlich bekannte Höhle Krizna jama, zu deutsch die Kreuzberghöhle, die zwar für Besucher schon geschlossen war, dem Geocacher aber zwei Geocaches bescherte.
Hier kann man sehen, wie mein "Muggel-Freund" leidenschaftlich wird, wenn es an die Suche geht. In diesem Fall sucht er leider an der falschen Stelle.
"Muggel" ist für den Geocacher jemand, der nicht bemerken soll, wenn er auf der Suche ist. Man soll auf gut neudeutsch den Stealth Modus einschalten. Der Begriff Muggel entstammt den Harry-Potter-Romanen von Joanne K. Rowling.
Einen Tag hatten meine Gastgeber keinen Besuch geplant. Zvone und ich unternahmen stattdessen einen Ausflug nach Vrhnika. Vrh heißt auf slowenisch "Gipfel". Man kann das für unsere Zungen ungewöhnliche Wort leichter aussprechen, wenn man das "h" als kehliges "ch" spricht. Dieses Wort haben wir bei unseren Bergtouren mit Begeisterung sehr früh gelernt.
Einem "Adventure-Lab-Cache" folgend lernten wir dort einen Teil der Quellflüsse kennen, die schließlich zur Ljubljanica werden, dem Fluß, der Ljubljana ein besonderes Flair verleiht, wie wir später sehen werden.
Zu Vaso, einem alten Freund unserer Freunde, haben wir eine ganz besondere Beziehung aufbauen können. Er hat die meiste Zeit im Jahr eine früher der Grenzüberwachung dienende Hütte am Stol, einem bedeutenden Grenz-Berg zu Österreich, in den Karawanken, bewohnt. Trotz schwieriger Zufahrt sind wir oft mit unserem "Büsle" zu ihm hinauf gefahren, haben seine Gastfreundschaft genossen und wunderbare Nächte in exklusiver Umgebung erlebt.
Ich werde nie vergessen, wie er Fleisch zubereitet und gegrillt hat. Allein die Vorbereitung der Glut war ein Erlebnis. Es wirkte so, als würde jedes Holzstück extra geprüft.
Höhepunkt seiner Kochkunst war die Vorbereitung des Fleisches. In ein von ihm selbst mit Kräutern aus der Umgebung der Hütte veredeltes Öl tauchte er eine frisch gepflückte Oregano-Blüte ein und bestrich damit liebevoll das Fleisch.
Es geht ihm leider nicht besonders gut. Trotzdem hat er es sich nicht nehmen lassen, uns in seiner neuen Wohnung zu empfangen und zu bewirten.
Von der Pilzsuppe, die natürlich der Jahreszeit entsprechend mit selbst gesuchten und gefundenen Marčevske gobe (Märzenpilze) zubereitet wurde, konnte ich nicht genug bekommen. Einfach wunderbar. Schade, dass man den Geschmack nicht wiedergeben kann.
Ich möchte gerne noch ein paar Bilder von einem Bummel durch Ljubljana zeigen. Zu essen gab es dort trotz eines unglaublich großen Angebots an Lokalen für mich nichts, ich hatte keinen Hunger. Mindestens dort sollten meiner Meinung nach die Kroatienfahrer gelegentlich Halt machen. Für mich ist es eine tolle, lebendige, schöne Stadt.
Mein Spaziergang führt an der Ljubljanica entlang, der Fluss, dessen sieben Quellflüsse wir in Vrhnica kennen gelernt haben.
Der Drachen ist das Wahrzeichen Ljubljanas, auch Bestandteil des Stadtwappens.
Außerdem ein schönes Fotomotiv.
In der Steiermark leben viele Verwandte unserer Gastgeber. Einer von Zvones Brüdern feierte während meines Besuchs Geburtstag. Zu meiner großen Freude wurde ich zur Geburtstagsfeier eingeladen.
Ich weiß nicht, wie oft wir in den letzten 30 Jahren an diesem herrlichen Ort, weit weg von großen Städten und vom großen Getriebe, bei Familienfeiern unserer Freunde dabei sein durften. Auf jeden Fall wurden wir schon beim ersten Mal in die Familie aufgenommen. Darauf waren wir immer ganz besonders stolz.
Da kommen Mama, Papa, Oma, Opa, Onkel, Tante, Cousin und Cousine, aller Altersgruppen zusammen. Es wird nach Herzenslust gegessen, getrunken, gesungen, geplaudert. Jeder bringt etwas mit.
Dass die Nemci (Deutschen) nicht slovenisch sprechen können, hat niemand gestört. Viele sprachen mehr oder weniger deutsch oder ein wenig englisch, und wenn es nicht reichte, holte man einen Dolmetscher.
Mit diesem Fest musste ich mich leider von meinen slovenischen Freunden verabschieden, nicht ohne das Versprechen, wieder zu kommen. Dieses Versprechen habe ich gerne gegeben. Hoffentlich kann ich es noch recht oft einlösen.